
Investitionsgütereinkauf
Der Investitionsgütereinkauf hat erheblichen Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen. Laut dem Statistischen Bundesamt kaufen deutsche Unternehmen jedes Jahr für fast 550 Milliarden Euro Investitionsgüter ein. Tendenz steigend. Durchschnittlich verwendet jedes deutsche Unternehmen 5 bis 10 Prozent seines gesamten Beschaffungsvolumens für langfristige Investitionsgüter. Nach dem Wachstumseinbruch in der Wirtschafts- und Finanzkrise hat sich vor allem die deutsche Wirtschaft im vergangenen Jahr unerwartet positiv entwickelt. Investitionen stehen nach einer Zeit der Kostensenkung wieder ganz vorn auf der Aufgabenliste von deutschen Unternehmen. Die Europäische Kommission erwartet, dass in diesem Jahr 19 Prozent des deutschen Bruttoinlandsproduktes in langfristige Wirtschaftsinvestitionen fließen. Unternehmer und Firmenchefs müssen nun prüfen, in welcher Form sie Investitionen tätigen. Denn solche Entscheidungen haben häufig weitreichende Folgen: Die lange Nutzungsdauer von Investitionsgütern in Verbindung mit dem meist hohen finanziellen Einsatz führt zu einer hohen Kapitalbindung.
Die Budgetfestlegung beim Investitionsgütereinkauf basiert häufig auf Erfahrungswerten oder teilweise auch auf punktuell eingeholten Angeboten. Die technischen Spezifikationen, die der Budgetermittlung zugrunde liegen, werden allerdings häufig durch Techniker ohne Einbindung der Einkaufsabteilung festgelegt. Ohne ein kritisches Hinterfragen sind Überspezifikationen die Folge. Ferner ergeben sich bereits in einer frühen Phase des Beschaffungsprozesses Abhängigkeiten von bestimmten Lieferanten und der Einkauf kann sein Verhandlungsgeschick nicht mehr einsetzen. Dabei liegt gerade hier ein großes Einsparpotenzial. Durch ein funktionierendes Zusammenspiel von Einkauf und Technik und eine Gewährleistung der Neutralität bei der Festlegung der Spezifikationen können die tatsächlich notwendigen Mittel in vielen Fällen stark reduziert werden.
Der Beschaffungsprozess von Investitionsgütern ist überaus komplex. In der Phase bis zur finalen Auftragsvergabe kann durch die Nutzung klassischer Einkaufsinstrumente — wie zum Beispiel Lieferantenauswahl. Ausschreibungen, Verhandlungen — weiteres Potenzial realisiert werden. Um eine wirtschaftliche und technische Vergleichbarkeit der Angebote herstellen zu können, ist auf die Vollständigkeit der vorhandenen Unterlagen zu achten. Zudem sollten sich Techniker und Einkauf möglichst früh an einen Tisch setzen, um die Spezifikationen gemeinsam festzulegen.
Ein häufiges Phänomen beim Investitionsgütereinkauf, nicht nur bei der öffentlichen Hand sondern auch bei privatwirtschaftlichen Unternehmen, betrifft nachträgliche Kostensteigerungen und Zeitverzögerungen. Gerade bei Produktionsanlagen sind zeitliche Verzögerungen oft mit sehr hohen Kosten verbunden. In dieser Phase kann der Einkauf durch eine Unterbindung von Nachträgen eine gutachterliche Begleitung sowie ein funktionierendes Projekt- und Zeitmanagement zum Erfolg des Projektes beitragen.
In den meisten Fällen übertreffen Folgekosten die Anschaffungskosten beim Investitionsgütereinkauf. Der Kaufpreis bei Investitionsgütern beträgt häufig lediglich zwischen 30% und 50% der gesamten Lebenszykluskosten. Daher ist es von großer Bedeutung, die Folgekosten — wie Energie, Personal, Wartung und Instandhaltung — bereits bei jeder Kaufentscheidung zu berücksichtigen und im Rahmen einer Barwertbetrachtung zu bewerten. Da die technische Nutzungsdauer in vielen Fällen die wirtschaftlich sinnvolle Nutzungsdauer von Investitionsgütern übertrifft, empfiehlt es sich zudem, regelmäßig Berechnungen des optimalen Ersatzzeitpunktes durchzuführen.
Aufgrund der großen Anzahl an persönlichen Schnittstellen und des hohen Internationalisierungsgrades des Investitionsgütereinkaufs ist Compliance-Sicherheit von besonderer Relevanz. So sehen sich die beteiligten Akteure zahlreichen ethischen und rechtlichen Verhaltensrichtlinien gegenübergestellt. Dies betrifft nicht nur unternehmensinterne sondern auch externe Partner. Missachtet beispielsweise ein Lieferant gesetzliche Vorgaben oder soziale und ökologische Standards. können auch für das einkaufende Unternehmen Risiken entstehen. Unternehmen sind angehalten, die Planungs- und Budgetierungsprozesse sowie Vergabeentscheidungen im Investitionsgütereinkauf „prüfungskonform“ zu dokumentieren. Ein spezielles Compliance Audit kann helfen, Schwachstellen aufzuzeigen. |